- Kieler Schule
- Kieler Schule,Bezeichnung für eine von bestimmten Dozenten der juristischen Fakultät der Kieler Universität getragene Denkrichtung der Rechtswissenschaft, die im nationalsozialistischen Deutschland die rechtstheoretischen Grundlagen für eine Veränderung (»Erneuerung«) des deutschen Rechts in Übereinstimmung mit den Forderungen der nationalsozialistischen Weltanschauung zu erarbeiten suchte. Bei den Dozenten handelte es sich überwiegend um eine Gruppe jüngerer, nach 1933 berufener Wissenschaftler, die versuchten, vornehmlich mit dem Mythos von »Rasse« und »Volksgemeinschaft« die Rechtswissenschaft zu durchdringen und im Sinne der Zeit »arteigene« Theorien zu entwickeln. Ihrem Denken entsprach einerseits die Vorstellung, dass der Staat nicht bloßes Machtinstrument in den Händen von Partei und »Bewegung« sei; der Staat sei vielmehr auch an ein überpersonales Recht gebunden, dessen Kern völkisch-rassisch zu definieren sei. Andererseits wurden individuelle Freiheitsrechte als mit dem Prinzip des völkischen Rechts nicht vereinbar verworfen (E. R. Huber). Wichtige Vertreter der Kieler Schule waren G. Dahm, E. R. Huber, K. Larenz, K. Michaelis, F. Schaffstein, W. Siebert, F. Wieacker. Mit der Kieler Schule eng verflochten war das im Jahre 1935 eingerichtete Gemeinschaftslager Kiel-Kitzeberg, wo nach dem Willen von Reichsjustizminister und Reichsjuristenführer »in kameradschaftlicher Zusammenarbeit« nach einer »klaren Linie im Kampf um eine neue, von nationalsozialistischem Geist getragene deutsche Rechtswissenschaft« gesucht werden sollte. Neben den Vertretern der Kieler Schule waren hier u. a. T. Maunz, H. Lange, H. Henkel und K. A. Eckhardt (der mit der Errichtung des Lagers beauftragt war) bekannte Dozenten.Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft, hg. v. K. Larenz (1935);F. Wieacker: Das Kitzeberger Lager junger Juristen, in: Dt. Rechtswiss. (DRW),Jg. 1 (1936);Justiz im Dritten Reich, hg. v. I. Staff (Neuausg. 16.-25. Tsd. 1979);B. Rüthers: Entartetes Recht. Rechtslehren u. Kronjuristen im Dritten Reich (1988).
Universal-Lexikon. 2012.